74 km Ammertrail am 11. August – oder die Begegnung mit dem Schweinehund (ja, ja der innere) – ein Erfahrungsbericht

 

Am 10. August hieß es wieder einmal Auto und Hänger bepacken, um mit Pferd, sowie der 2-Personen Trossentourage (wink an Conny und Manu), zum Ammertrail nach Baden-Württemberg aufzubrechen. Parallel zur Veranstaltung in Kreuth, wo der Rest unseres Teams weilte (mir war der 60km-Ritt international einfach zu teuer), hatte ich mich entschlossen, dort die 74km in Angriff zu nehmen, da ich durch meinen letztjährigen Trosseinsatz bei Astrid und Parsifal das eher flache Gelände kennen lernen konnte und deshalb dort meinen ersten MDR absolvieren wollte.

 

Trotzdem bedurfte es noch einigen guten Zuspruch eben diesen auch wirklich zu nennen, da nicht nur ich, sondern auch mein Pferd das erste Mal vor einer derart „langen“ Strecke stand. Mit Anwendung der Augen-zu-und-durch-Technik, sowie viel Vorabmotivation und Unterstützung, betrat ich also die Meldestelle, um zu erfahren, dass es keine weiteren Starter auf dem MDR bzw. LDR geben werde. Den Versuch hier nun die Schildkröt-Technik anzuwenden (Kopf einziehen, nicht bewegen und dann den kleineren und vor allem kürzeren Weg wählen, sprich die 46km), ließen meine beiden Trosser erst gar nicht zu.

 

Zitat: „Wir sind jetzt nicht in Kreuth und wollen deshalb, dass du die 74km reitest, damit wir auch was geboten bekommen und damit sich die Anreise nach BW überhaupt gelohnt hat.“ Zitatnebensatz: „Außerdem schafft ihr das eh.“ Warum nur kommt mir hier das Sprichwort Zuckerbrot und Peitsche in den Sinn. Mit dieser Trossmotivation und –unterstützung wagte ich mich also an die 74km.

 

Die Strecke war in 2 Runden mit 28km und 18km, sowie einem zentralen Vetgate aufgeteilt. Für die 74km musste zuerst die 28, dann die 18 und zum krönenden Abschluss erneut die 28km Runde bewältigt werden. War das Wetter anfangs noch sehr schlecht (grauer Himmel, Nieselregen), so wurden wir wenigstens ab Nachmittag mit herrlichem Sonnenschein und T-Shirt-Wetter belohnt. Durch den Dauerregen der vorangegangenen Tage waren jedoch die Wege stark in Mitleidenschaft gezogen worden, da es sich hauptsächlich um unbefestigte Wald- und Wiesenwege handelte. So war zwar das Gelände flach, aber das Geläuf sehr tief und anspruchsvoll, was wir so richtig zu spüren bekam, als wir als letzte und einzige die 28km Runde noch einmal zu absolvieren hatten. Nachdem sich alle Teilnehmer dort schon einmal „durchgewühlt“ hatten, waren die Wege nun fast völlig hinüber L Die anfängliche Beruhigung, die 74km-Strecke im flachen Geläuf zu bewältigen (deshalb hatte ich mir den Ammertrail ja schließlich auch ausgeschaut), war dahin, da mein Pferd sich regelrecht durch die Strecke arbeiten musste.

 

Mit viel Respekt in den Knochen (zum Glück wusste Morees noch nix davon, dass er 74km laufen sollte/musste), so ganz allein auf die Strecke zu gehen, ging’s dann um 7 Uhr im Nieselregen und Nebel los. Da ich das ganze eher langsam und gemütlich anging (angekommen war im wahrsten Sinne des Wortes gewonnen), wurden wir auch schon bald von den ersten 46km Reitern überholt. Im 1. Vetgate war schon alles bestens von meinen Trossern vorbereitet und da Morees sofort den passenden Puls hatte, konnten wir auch gleich die Pause in Angriff nehmen. Hier kam nun die Entspannungs- und Erholungstechnik voll zum Einsatz (Pferd mit Futter im Paddock und umsorgt von den Trossern, Reiter im Campingstuhl mit Essen und Trinken). 

 

Dann ging es auf die 2. Runde (18km), hier wurde ich ebenfalls bald eingeholt und überholt. Kleinere Diskussionen gab es nun mit meinem Pferd, das nicht so ganz verstand und einsehen wollte, warum man da jetzt nicht mitdürfe und lieber langsam weiterlaufen sollte (er wusste ja noch nicht, dass er weitere 28km vor sich hatte, dies nennt man auch Geheimhaltungstaktik). Trotzdem fand sich dann unterwegs noch Anschluss an eine für uns passende Gruppe und so hatte ich endlich Begleitung und vor allem Unterhaltung (liebe Grüße an meine beiden Mitreiterinnen). Vetgate 2 stand dann vor unserer Tür. Die bereits bewährte Erholungstechnik wieder hervorgekramt und angewandt.

 

Dann also die große Herausforderung, noch einmal 28km und dieses Mal nun wirklich ganz alleine (Augen-zu-und-durch-Technik). Wie bereits zuvor erwähnt, war jetzt das Geläuf alles andere als einfach zu bewältigen. Kein anderes Pferd und kein anderer Reiter mehr in Sicht, so dass sich ein kleines Motivationstief bei uns breit machte und uns nur noch der gemeine Schweinehund (ja, ja der innere) auf diesen 28km des öfteren über den Weg lief und uns herausfordernd die Zunge bleckte. Wie gut aber, dass man eine voll motivierte und engagierte Trossmannschaft dabei hat, die nun wirklich fast an jeder Wegkreuzung stand, um mit selbst gebastelten Motivationsschildern (ja auch so kann man Pappteller gekonnt weiterverwenden) die Strecke zu verkürzen, neue Motivation hervorzurufen und diesen gemeinen Schweinehund (ja, ja den inneren) zu vertreiben. Nun kam also die Durchhalte- und Schweinehundabwehrtechnik zum Einsatz und ab der Hälfte der Runde (wie schlimm ist es eigentlich, wenn man a) weiß, wie lange die Runde ist und b) die Runde dazu schon kennt und diese noch einmal ganz alleine zu absolvieren hat) fiel es Reiterin und Pferd wieder leichter, ein Licht ganz am Ende des Tunnels zu sehen. Urplötzlich war auch der gemeine Schweinehund von der Strecke verschwunden und nicht mehr gesehen…

 

Nach einer Reitzeit von etwas mehr als 6 Stunden galoppierten wir ohne die Begleitung des Schweinehundes (endlich) über die Ziellinie. Nach der erfolgreich bestandenen NU waren nicht nur die 74km geschafft, sondern auch der Schweinehund (ja, ja der innere) besiegt und auf der Strecke zurückgelassen worden.

 

Mein Fazit:

Die Veranstaltung lief bis auf die etwas chaotische Vorbesprechung und sehr späte Siegerehrung reibungslos über die Bühne. Bedanken möchte ich mich auch noch einmal bei den Helfern, die mich unterwegs immer angefeuert haben (vor allem auf der letzten Runde) und so lange ausharren mussten, bis ich endlich im Ziel war. Die Strecke wäre wunderbar zu reiten gewesen und ist an sich deshalb auch uneingeschränkt empfehlenswert (hauptsächlich Wald- und Wiesenwege), hätte es vorher nicht tagelang geregnet (dafür kann keiner was außer Petrus).

 

Auch wenn man meint, ein einfaches Gelände gewählt zu haben (zur eigenen Beruhigung), so tauchen dann andere Herausforderungen auf, die den Ritt auch nicht einfacher machen (alleine reiten zu müssen; tiefes, matschiges Geläuf zu haben etc). Deshalb bin ich umso stolzer auf die Leistung meines Pferdes, der trotz des kleineren Motivationstiefs am Anfang der letzten Runde (wenn alle anderen Pferde im Vetgate zurückbleiben) zu keiner Zeit überfordert war oder mir das Gefühl gab, die falsche Wahl bezüglich der Rittlänge getroffen zu haben. Dies ist auch durch die Tierärzte und Helfer Vorort bestätigt worden, die durch das Aussehen und der Verfassung sowohl im Ziel als auch in der NU von Morees überzeugt waren.

 

Ein ganz großes Danke und Lob geht hier auch noch einmal an meine Trosscrew Conny und Manu! Die haben uns sicher zum Veranstaltungsort und nach Hause chauffiert und während des Rittes einfach alles getan, dass uns die 74km nicht so schwer gefallen sind. Hoch lebe der Pappteller-Smilie und die Motivationswelle, die uns da über die letzten KM regelrecht getragen hat (Mittlerweile kann ich mir a) auch vorstellen einen LDR zu reiten (wären ja quasi „nur“ noch 6km mehr), den wir b) fit und gesund bewältigen.)

 

Verena Solfrank
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